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Heft2

Flugzeugabsturz im 2. Weltkrieg

Am 24. April 1944 stürzte ein einem Motorflugzeug angehängtes Flugzeug, das offenbar sich im Flug losgelöst hatte, in Lipbach ab auf die Scheuer des Landwirts Eduard Nägele, schlug auf einige Quadratmeter das Dach ein, Ziegel fielen herunter, Balken brachen, der Insasse, der am Leib noch einen Kranz von Patronen trug, war tot und hing kopfüber unter dem Dach innerhalb des Gebäudes an der mit Blut gefärbten Einschlagstelle. So beschreibt Heinrich Weißmann, damals Pfarrer in Kluftern, in seiner Klufterner Chronik den Absturz eines kanadischen Soldaten in Lipbach. Es hatte sich um einen Tagesangriff gehandelt. Auf einer Anhöhe bei Riedheim war eine Flakstellung postiert, die durch einen Treffer den Absturz herbeigeführt haben könnte. Eduard Nägele berichtet hierzu in seinen Lebenserinnerungen: Der junge Soldat hing leblos im Gurt mit dem Kopf nach unten im abgebrochenen Teil des Flugzeuges (Heckteil eines 4-motorigen Jagdbombers der Alliierten) in unserer Scheune. Meine Frau, eine gute Katholikin, setzte sich nach diesem Anblick aufs Fahrrad, um im Pfarrhaus Bescheid zu sagen, ob dem jungen Soldaten eventuell die letzte Ölung erteilt werden könne (Eine entsprechende kirchliche Amtshandlung ist im Pfarrbuch nicht eingetragen; laut Pfarrer Holderried, heute Pfarrer in Kluftern; erfolgt nur eine Eintragung, wenn die Beerdigung in der Gemeinde stattfindet). Vermutlich hat diese gut gemeinte Tat einer Gläubigen nach dem Einmarsch der Franzosen schwere Folgen nach sich gezogen. Vielleicht Denunzierung, wir wußten es nicht. Von etlichen Franzosen wurde ich mit hoch erhobenen Händen und mit aufgesetztem Bajonett im Rücken den Lorenzweg hinunter, die Markdorfer Straße entlang und wieder zurück in den Lorenzweg zu unserem Hause geführt. Unter Todesangst sahen etliche Lipbacher diesem Vorgang zu, aber Gott sei dank geschah mir selber kein Unheil. Zu Hause in der Wohnstube angekommen, wurde alles durchsucht und durchwühlt und wahllos durch Fenster und Türen und in die Decke und den Fußboden geschossen. Etliche Verhöre an diesem Tag den toten Soldaten betreffend erfolgten noch im Beisein von einem Dolmetscher.

Am Hang hinter dem Wäldchen am Letten sollen noch weitere Flugzeugteile abgestürzt sein. Aus der Klufterner Chronik von Pfarrer Henrich Weißmann erfahren wir:
Der Verunglückte wird wohl mit den am gleichen Tag auf Riedheimer Gemarkung abgeschossenen Fliegern im gleichen Grab zwischen dem Lettenhof und der Bahnunterführung die letzte Ruhestätte gefunden haben. Die Inschrift auf dem Kreuz des vereinsamten Grabes klärte den neugierigen Leser auf: ” Hier ruhen 10 amerikanische Flieger. abgeschossen am 24. April 1944.” Eine ordentliche Beerdigung auf dem Klufterner Friedhof gab es nicht. Frau Antonia Günther aus dem Lorenzweg? (heute steht dort ein Mehrfamilienhaus) hat das Grab gepflegt. Am 20. Mai 1946 kam eine kanadische Militärdelegation, das Grab wurde geöffnet und die Toten in ihre Heimat überführt. Die Delegation besuchte Frau Günther und bedankte sich für die Achtung und letzte Ehre, die diese durch die Grabpflege den fremden Soldaten hatte zuteil werden lassen.